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David Millar bei bikedress

David Millar hat bei der Tour de France alles erlebt: Etappensiege, Gelbes Trikot, Stürze, Defekte – und vor fast genau elf Jahren auch ein Comeback nach Doping-Sperre und -Geständnis. Bei seinem Besuch bei Bikedress spricht er offen wie nur wenige über den Radsport und dessen Sauberkeit oder den Umgang mit Jan Ullrich – aber auch über seinen Tour-de-France-Favoriten und die Chancen von Tony Martin in Düsseldorf.

Sie waren ein absoluter Spezialist für Zeitfahren bei der Tour, holten beim Auftakt im Jahr 2000 Gelb. Wer ist Ihr Favorit für die 1. Etappe in Düsseldorf?

David Millar: Puh, wahrscheinlich Tony Martin. Er war in dieser Saison bislang fast unsichtbar, abgesehen vom dem einen frühen Sieg bei der Valencia-Rundfahrt. Und das ist sehr untypisch für ihn. Ich gehe davon aus, dass er alles auf diesen Tag ausgerichtet. Deshalb ist er klar mein Favorit.

Sie waren im Tour-Prolog bei der Jubiläumsausgabe 2003 überlegen auf Siegkurs in Paris, bis Sie ein Defekt stoppt. Leben die Mechaniker noch?

Millar: Die haben es gut überstanden – es war eher der Teamchef, der Probleme bekam… Ich erinnere mich noch bestens an diesen Moment: Ich war auf dem Weg, den Prolog sicher zu gewinnen, und dann fiel die Kette runter. Ich wurde Zweiter, mit zwei Zehntelsekunden Rückstand. Aber einer meiner besten Freunde, Bradley McGee, gewann. Ich war damals gedopt, er nicht. Also war es höhere Gerechtigkeit. Mir war es so lieber, als dass ich gewinne und er Zweiter wird. Rückblickend war es gut, dass es so passiert ist.

Wie schätzen Sie den Umgang mit Jan Ullrich in Deutschland ein?

Millar: Das ist eine sehr subjektive Sache. Ich treffe noch immer Leute, die von meinem Dopingbetrug enttäuscht sind. Das kann ich verstehen und ich fühlte mich sehr schuldig für das, was ich getan habe. Deshalb habe ich auch versucht, die Dinge wiedergutzumachen. Jan hat eine andere Persönlichkeit als ich, er ist eher zurückhaltend. Er hatte nie damit gerechnet, weltberühmt zu werden, sehr viel Geld zu verdienen und einer der besten Radsportler überhaupt zu sein. Als dann alles den Bach runterging, wollte er einfach nur verschwinden. Das ist der Unterschied, und es liegt in unserer Persönlichkeitsstruktur, dass wir alle unterschiedlich mit solchen Situationen umgehen. Ich kann verstehen, wie die Leute reagiert haben. Da ist Enttäuschung und dann ist eben die Frage, welchen Weg des Umgangs damit man findet.

Wie sauber ist der Radsport heute, verglichen mit 1997 oder 2007?

Millar: Sauberer als je zuvor. Es gilt, sich daran zu erinnern, dass es nie eine saubere Phase im Profi-Radsport gab, es wurde vom ersten Tag an betrogen. Der Radsport wurde als Unterhaltungsspektakel geschaffen und begriffen. Erst in den letzten zehn Jahren ist es ein ehrlicher Sport geworden, durch die Häufung der Skandale. Ich habe Freunde, an die ich zu 100% glaube: Etwa Ryder Hesjedal, der den Giro gewonnen hat, oder Dan Martin, der Lüttich-Bastogne-Lüttich gewonnen hat, der sauber ist und immer wieder ganz vorne mitfährt. Wenn ich an meine kleine Söhne denke – falls die mit 18 Jahren zu mir kämen und Profi werden wollten, würde ich sagen: Ok, macht das. Aber vor ein paar Jahren hätte ich gesagt. Kommt auf keinen Fall in Frage. Ihr geht nicht in diesen Sport. Jetzt würde ich ihnen auf dem Weg helfen. Das ist der einfachste Weg, es zu erklären: Wenn ich es meinen Kindern erlaube, dann kann man der Sache trauen.

Wie war Ihr Eindruck von den Stars bei der Tour-Generalprobe im Rahmen der Dauphiné?

Millar: Der Schlusstag war fantastisch, und was mir insgesamt aufgefallen ist: Im Feld sind so viele Jungs, die richtig gut sind, so viele Anwärter auf den Sieg! Ich habe noch nie ein Etappenrennen gesehen, wo es, wie auf jener Schlussetappe, am letzten Anstieg für den Gesamtsieg um die Bonussekunden ging. Und Leute wie Chris Froome attackieren schon am ersten Anstieg einer solchen Etappe. Die Rennen sind offener als je zuvor.

Wer ist jetzt Ihr Favorit auf den Sieg bei der Tour de France?

Millar: Ich wäre ein Idiot, wenn ich gegen Chris Froome wetten würde. Aber Richie Porte muss man auch auf der Rechnung haben. Außerdem würde ich gerne sehen, dass Alberto Contador etwas versucht – und das gilt auch für Alejandro Valverde. Beide lieben den Radsport und für beide ist es die letzte Chance, bei der Tour etwas zu reißen. Schade, dass Tom Dumoulin nicht dabei ist, den finde ich großartig. Aber es sind eine Menge sehr guter Fahrer am Start und ich denke, es ist ein sehr offenes Rennen, mit Quintana und all‘ den anderen. Aber die klaren Favoriten sind für mich Froome und Porte.

Dumoulin hat mit seinem Gesamtsieg beim Giro viele überrascht, wie schätzen Sie ihn ein?

Millar: Ich beobachte ihn seit einigen Jahren und er hat mir schon als Zeitfahr-Spezialist gut gefallen, er bildet eine wunderbare Einheit mit seiner Rennmaschine. Jetzt kann er auch in der Gesamtwertung auftrumpfen und das ist sehr selten geworden, denn heutzutage dominieren da Kletterer – oder Kletterer, die das Zeitfahren gelernt haben. Dumoulin hingegen ist ein Allrounder, der im Kern ein herausragender und stilistisch großartiger Zeitfahrer ist und nun das Klettern gelernt hat. Er erinnert mich in dieser Art immer wieder an Miguel Indurain. Ich finde es toll, ihm zuzusehen und für mich ist er der aufregendste Fahrer derzeit. Ich will keinen Druck aufbauen, aber er ist der nächste Fahrer, der mehrfach die Tour gewinnen wird. Zum Glück ist er auch noch ein netter Kerl und toller Stilist auf dem Rad – ein wunderbares Gesamtpaket!

Hätte denn ein Super-Zeitfahrer wie Tony Martin vielleicht auch Chancen in der Gesamtwertung, vorausgesetzt die Strecke hat viele Zeitfahr-Kilometer?

Millar: Dazu würde er eine irre Anzahl von Zeitfahrkilometern brauchen…(lacht). Vor etlichen Jahren dachte er, das könnte klappen, aber er hat nicht die körperlichen Voraussetzungen dafür. Trotzdem ist er ist ein herausragender Athlet und ein außergewöhnlicher Kerl. Er hat mich mal bei einem Zeitfahren überholt, obwohl ich zwei Minuten vor ihm gestartet war – und als er an mir vorbei fuhr, entschuldigte er sich noch – „sorry David“! Das zeigt, was er für ein unheimlicher liebenswerter Typ ist.

Martin ist der Serien-Weltmeister im Zeitfahren, ist er auch der beste Zeitfahrer des Jahrhunderts?

Millar: Also für das 20. Jahrhundert ist es Jacques Anquetil gewesen, denn er war schon ein Zeitfahrer der Extraklasse, bevor das überhaupt eine eigene, coole Disziplin wurde. Und für dieses Jahrhundert haben wir viel Auswahl, Martin, Fabian Cancellara, Dumoulin – das sind für mich die drei, die hervorstechen.

Sie haben Etappen bei Tour, Vuelta und Giro gewonnen, das Führungstrikot aller drei Rundfahrten getragen: Was waren für Sie die Top 3 Siege Ihrer Karriere?

Millar: Zuerst fällt mir da mein letzter Sieg ein, als Ausreißer bei der Tour 2012 am Jahrestag des Todes vom Tom Simpson. Das kam sehr unerwartet, weil ich erst durch das enorme Sturzpech meines Teams überhaupt den Freiraum für Attacken bekam. Dann ist da mein erster Sieg bei der Tour, im Auftakt-Zeitfahren 2000. Das war surreal für mich, bei meinem Lieblingsrennen auf Anhieb zu siegen und Gelb zu holen. Und schließlich meine erste Etappe bei einer großen Rundfahrt, die kein Zeitfahren war, bei der Vuelta 2001. Ich galt als reiner Zeitfahrer und da zeigte ich den Leuten, dass ich noch mehr als nur das konnte.

Sie behaupten, etliche ihrer Siege sauber erzielt zu haben, andere, wie den später aberkannten WM-Titel 2003 hingegen gedopt. Wie viel Unterschied macht Doping nach Ihrer Erfahrung aus, wie viel Prozent mehr Leistung bringt es?

Millar: Das kann man nicht verallgemeinern, weil jeder Körper unterschiedlich darauf anspricht. Bei mir war es der Unterschied dazwischen, Zweiter zu werden- oder sicher zu gewinnen. Das ist ein großer Unterschied, aber man kann da keine Prozentzahl festsetzen. Aber ich habe sauber Rennen gewonnen. Wenn ich Ihnen jetzt EPO und Testosteron gebe, werden Sie trotzdem kein Rennen gewinnen. Und selbst wenn, ist das prozentual nicht festzulegen, es hängt von zu vielen Faktoren ab, körperlich wie auch psychologisch. Der Unterschied mag bei mir 5% gewesen sein, oder 20% – oder 1% bei jemand anderem. Der klare Unterschied sind die Ergebnisse, die man erzielt, und das macht viel aus.

Am Ende Ihrer Karriere sind sie sieben Jahre im Garmin-Team von Jonathan Vaughters gefahren. Was machte diesen Rennstall so besonders?

Millar: Anders war ganz einfach, dass wir ein sauberes Team schaffen wollten. Dies aber mit Fahrern, die – so wie ich – Fehler gemacht hatten. Wir haben also gerade keine zero tolerance Politik betrieben. Also stellten wir eine spezielle Truppe zusammen und es war diese besondere Verbundenheit zwischen uns, die es so besonders machte. Wir sind einfach gute Freunde geworden – und das hatte ich vom Profi-Radsport nie erwartet. Das ist auch alles andere als normal, Radprofis sind eher Individualisten, deren Wege sich nach dem Rennen trennen. Ich bin hingegen mit meinen ehemaligen Teamkollegen Hesjedal, David Zabriskie oder Christian Vande Velde noch eng befreundet. Als diese Gruppe ab 2011 auseinanderfiel, war auch das Team nicht mehr ganz dasselbe. Das beweist, dass es bei Teamwork manchmal mehr um Relationship als um Leadership geht.

Quelle: Eurosport – Thomas Janz

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